Dass ich in einer ganz anderen Welt gelandet bin, das wurde mir bereits am Flughafen in Tana bewusst. Auf der Fahrt zu meiner Gastfamilie erlebte ich so etwas wie einen kleinen Kulturschock. Die Welt da draussen schien mir so unwirklich, anders, überraschend, frem. Die offene, unversteckte Armut der Menschen trafen mich tief.
Madagaskar gehört zu den 10 ärmsten Ländern der Welt. 90 % aller Haushalte haben kein fliessendes Wasser. Menschen leben in kleinsten Hütten oder gar auf der Strasse. Doch die Menschen sind kreativ, freundlich und trotz allem recht fröhlich. Wohnen konnte ich bei der Familie Aina und Onisoa Ralambomanana mit ihren drei Kindern. Aina leitet eine Englischklasse für Jugendliche, Onisoa eine Preschool auf ihrem Wohngrundstück. Das Ehepaar wird für ihre Projekte von 4africa unterstützt und begleitet.
Zeit mit den Studenten an der Englischschule
Während den ersten vier Wochen verbrachte ich den Morgen jeweils in der Englischklasse. Die jungen madagassischen Studenten nahmen mich liebevoll auf und boten mir ihre Freundschaft an. An den Nachmittagen hatte ich Zeit um zu lesen und lernen, in der Schule zu helfen oder mich da und dort nützlich zu machen. Ein treuer Gefährte dabei wurde Vonjy, ein Student. Ich lernte ihn Velofahren oder gemeinsam strichen wir das Eingangstor zum Grundstück der Familie. Da Vonjy keinen Vater mehr hat, bedeuteten ihm die Zeiten mit mir sehr viel. Eine andere Freundschaft entwickelte sich mit Riad, einem Geschäftsmann. Riad servierte mir die besten Espressi und Croissants der Stadt. Wir übten zusammen englisch und unterhielten uns über Gott und die Welt. Durch diese Treffen öffnete sich Riad mehr und mehr auch für den Glauben, und manche Begegnungen auch mit den 4africa-Projekten berührten ihn zutiefst.
Besuch der 4 africa Projekte
Nach gut drei Wochen bekam ich Verstärkung: Gemeinsam mit Matthias Klöti, dem Präsidenten von 4africa, besuchte ich neben den erwähnten Schulen weitere Projekte. Es beeindruckte mich zu sehen, wie 4africa mit wenig finanziellen Mitteln viel bewirken kann. Es entstanden tief bewegte Momente, die ich nicht mehrvergessen werde.
• Das Gebetstreffen mit Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen zu dem eine Frau über 20 Km zu Fuss mit ihrem Kind im Rollstuhl zurücklegte (weil sie kein Geld für den Bus hat)!
• Der Besuch des neu erworbenen Grundstück für ein Nähatelier, welches alleinerziehenden Müttern Arbeit ermöglicht. Wir beteten auf dem Land um Wasser. Tage darauf waren wir dabei, als auf dem Land ein Brunnen gebaut werden konnte!
• Joghurt-Essen mit der ganzen Studentenschar in der Hütte einer jungen Frau, der 4africa eine Kuh für eine Joghurtproduktion finanzierte. Oft sass ich da, tief berührt und beschämt über dem absurden Gegensatz von Reichtum und Fülle, wie wir ihn zuhause (er-)leben.
Reise durch dieses schöne Land
Vier Wochen nach meiner Ankunft trafen Regula, Simea und Jenny Nötiger sowie Rita und Sarita Klöti in Madagaskar ein. Gemeinsam luden wir die Familie Ralambomanana zu einer achttägigen Tour auf der Hochlandroute bis in den Südwesten Madagaskars ein. Madagaskar ist ein wunderschönes, sehr vielseitiges Land mit einer einzigartigen Tierwelt. Traurigerweise ist es aus finanziellen Mitteln den meisten Madagassen gar nicht möglich, jemals ihr eigenes Land zu entdecken! Die letzte Woche verbrachten wir zu viert im Norden des Landes in einem schönen Hotel und liessen da unsere Seele baumeln. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge verabschiedeten wir uns schliesslich am Flughafen von all diesen lieben Menschen, die wir da ins Herz geschlossen haben. Wir hoffen alle, dass aus dem «good bye» ein «Wiedersehen» wird. Gott segne diese Menschen, segne dieses Land!
Jonathan Schwab, Leitender Pastor